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Die Surfer auf den schnellen Kufen

Berliner Zeitung
 
Der zugerforerene Müggelsee macht aus findigen Wellenreitern Eisflitzer

Der zugefrorene Müggelsee macht aus findigen Wellenreitern Eisflitzer Es gibt findige Köpfe, die machen sich sogar aus dem Frost dieser Tage einen Spaß. Es sind jene, die im Sommer mit ihren Surfbrettern mehr oder weniger gekonnt ihre Kurven auf dem Müggelsee ziehen. Das knackige Eis - seit Jahren das beste überhaupt - läßt sie aufs "Winterbrett" umsteigen.

Voraussetzung ist nur ein wenig handwerkliches Geschick, um sich einen festen Untersatz zu basteln, der das Segel hält und Kufen hat. Reiner Schmidt, Chef der Surfschule am Müggelsee, gehört schon von Berufs wegen zu den routinierten Eissurfern. "So neu ist dieses Hobby nun auch nicht", weiß er zu berichten. "Ich kann mich erinnern, daß wir bereits in den siebziger Jahren Kufen unter unseren Segeln hatten. Dieser Winter hat halt nur mehr Surfer aufs Eis gelockt."

Die Konstruktion des Unterbaus ist relativ einfach. Ein stabiles Dreieck aus Metall oder Polyester, an dem man drei starre Kufen aus speziellem Stahl befestigt. Auf dem Markt werden solche Geräte angesichts der sonst eher milden Wintermonate kaum angeboten.

Im Vergleich zum Sommersurfen gibt es gewaltige Unterschiede. Reiner Schmidt: "Wie ich weiß, liegt der Weltrekord auf dem Wasser so bei 80 Kilometern in der Stunde. Wenn ich jetzt eine gute Brise habe, scharfe Kufen und das große Segel setze, dann erreiche ich diese Geschwindigkeit auch auf dem Müggelsee! Je günstiger ich die Richtung der Kufen einstelle, desto schneller werde ich."

Einige Grundregeln, die Schmidt jedem Einsteiger mit aufs Eis gibt: Eine Bremse muß an jedem Brett sein, um bei Bedarf auch schnell zum Stehen kommen zu können. Ein Schutzhelm sollte Pflicht sein, obwohl es auf dem Eis keinen gibt, der Bußgelder kassieren würde.

Das Brett sollte mindestens 14 Zentimeter Bodenfreiheit haben. Nicht auszudenken, wo man bei solchen Geschwindigkeiten "hinsegeln" würde, wenn plötzlich eine Eisscholle oder eingefrorene Gegenstände im Wege wären.

Drittens schließlich: Man sollte sich vor dem Ritt übers Eis seine Route gedanklich markieren. Jeder müsse das Revier schon sehr genau kennen, über Eisbeschaffenheit und Stärke Bescheid wissen. Was im Moment weniger Probleme bereitet, denn der Frost hat dem Müggelsee eine etwa vierzig Zentimeter dicke Eisschicht verpaßt. Übrigens gelten die üblichen Vorfahrtsregeln - Backbord vor Steuerbord. Also links vor rechts.

Vorsicht ist oberstes Gebot der Eissurfer. Sie suchen sich ihr Revier zumeist mehr in der Mitte des Sees, weil dort kaum Schlittschuhläufer oder Spaziergänger anzutreffen sind. Die Zahl der "Flitzer" sei noch überschaubar, meint Schmidt. Dicker könne es schon werden, wenn immer mehr Wellenreiter ihre Leidenschaft auch fürs Eis entdecken. Denn der Müggelsee entpuppt sich auch als ein kleines Winterparadies für Surfer.

Autor: Peter Böttcher

 

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